Schema mit Variationen: internationale Layoutstandards und lokale Schrift/Bild-Idiome in illustrierten Journalen 1850–80 (TP 4)

Zusammenfassung

Spätestens Ende der 1850er spielt die klischeebasierte Übernahme von Illustrationen nur mehr eine marginale Rolle, so daß internationale xylographisch bebilderte Journale sich nicht mehr optisch-inhaltlich weitgehend uniform präsentieren. Ihre schrift-bildliche Gestaltung hat eine Individualisierung erfahren; diesem Phänomen spürt das TP nach, um in der zweiten Förderungsphase die Geschichte der Illustration im Journal über die 1830er und 1840er hinaus im dritten Viertel des 19. Jahrhunderts fortzuschreiben.

Die verbalvisuelle Ausdifferenzierung, die das TP in englischen, französischen und deutschen Journalen vom Typ der Illustrated London News untersucht, vollzieht sich, so die Annahme, auf der Basis einer gegenüber der ersten Jahrhunderthälfte merklich gewandelten Schrift-Bild-Syntax. Das TP rekonstruiert einen (womöglich den) fundamentalen Zug dieser neuartigen bedeutungserzeugenden Komposition von Illustration und Letternsatz: Spätestens ab den frühen 1860ern regelt eine überschaubare Zahl international eingespielter Layoutmuster das visuelle Design der illustrierten Journal(doppel)seite – und durch spezifische Variationen dieser Schemata, dies soll die Projektarbeit zeigen, präsentieren sich die einzelnen illustrierten Periodika als Aushandlungsorte, an denen sich vor der Folie eines internationalen Transfers von Layoutlösungen lokale verbalvisuelle Idiome herausbilden.

Das TP erarbeitet einen differenzierten Katalog der in Journalen vom Typ der Illustrated London News spätestens um 1865 gängigen Layoutschemata. Es rekonstruiert deren Aufkommen in den 1850ern und erfaßt ihren zeitlich, lokal, quantitativ und thematisch variierenden Einsatz zwischen 1850 und 1880. Hieran anknüpfend untersuchen close readings Formen der Semantisierung jener Layoutmuster, deren Funktion als implizite Kommunikationsinstrumente durch enge Interaktion von Schrift- und Bildelementen, auch bei deren thematischer Heterogenität oder räumlicher Distanz. Diese Fallstudien fokussieren insbesondere, wie Variationen von Standards der mise en page die Spezifik des illustrierten Journals in zeitgenössischen Bildmedienkonstellationen ausstellen, etwa verschiedene Modi von Bildproduktion zur Leistungsfähigkeit der Journalxylographie ins Verhältnis setzen. Im Anschluß u.a. an die Betonung augenblicksbewegter Holzstich- gegenüber statischen Photographiesujets durch (Doppel)Seitenlayouts steht außerdem zur Debatte, wie die weekly illustrated newspapers, als ein der Tagespresse wie auch dem illustrierten Buch affines Medienformat, die ihnen eigene Spannung von Flüchtigkeit und Dauer auf der Ebene der Variation illustrierter Layoutschemata ausagieren. Dies wird im Hinblick auf das im Untersuchungszeitraum prominente Thema ›Krieg‹ untersucht; es erlaubt, Möglichkeiten und Grenzen der neuen Schrift-Bild-Syntax illustrierter Journale in deren Spagat zwischen der Aktualität der Tageszeitung und der prestigiösen Gedenkkultur bebilderter Bücher herauszuarbeiten.